Воскрешение Перуна. К реконструкции восточнославянского язычества (Клейн) - страница 295

Die erste Auffassung wurde von offiziellen Hauptfiguren der sowjetischen Wissenschaft entwickelt — von Akademiemitglieder B. D. Grekow und Boris A. Rybakow. Nach dieser Konzeption besassen die Slawen seit l^ngem dieselbe Territorien als jetzt und schufen einige Tausende Jahre vor uns Pflugackerbau, Staatsorganisation and entwickelte heidnische Religion, die sehr nah an das Christentum herangekommen war.

Die zweite Auffassung wurde von Prof. Wladimir Propp vorgeschlagen, dem Griinder der sowjetischen Semiotik und Fiihrer des Strukturalismus, der in der Stalinzeit in Ungnade verweilte. Nach dieser Auffassung enthielten russische Kalenderfeste verschiedener Jahreszeiten viele gemeinsame.

Komponente wegen Áhnlichkeit der báuerlichen Haptarbeiten. Und da in diesen Festen es keine entwickelten Gótter gab, nahm Propp an, daB das russische Heidentum sie iiberhaupt nicht hatte — es besitze ein besonders archaische Charakter (wie bei Anitschkow, Niederle und Wesselowsky). Kupalo, Jařilo u. a. sind nur «unterentwickelte Gótter».

Die Ansichten von Propp gaben dem Werke von Dmitrij Selenin, der gerade mit der retrospektiven Methode Demonologie studierte, eine weitere Bedeutung. Selenins I^achfolger war der Akedemiemitglied Nikita I. Tolstoj, ein Urenkel von Leo Tolstoj. Der bildete eine einfluBreiche Schule von Ethnographer und Ethnolinguisten. So entstand eine dritte Konzeption des slawischen Pagantums, die auf die Rekonstruktion der alten slawischen Religion nur mit Materialien von Ethnographie gerichtet war. Selbstverstándlich, konnte solche Art der Forschung auf die vergangene Zeit nur das projezieren, was in der lebendigen Kultur erhalten geblieben war, also keine gróssere Gótter. Somit hatten die solidesten professionale Gelehrten die Idee angenommen, daB die alte Slaven nur eine Demonologie (niedere Mythologie) hatten.

Die vierte Auffassung war von Strukturalisten (und schon dadurch Frondierer) Wjatscheslaw Iwanow und Wladimir Toporow gebildet. Sie haben gerade die Namen der slawishen Gótter zugrunde gelegen, sie mit indoeuropáischen Namen, Bezeichnungen und Mythen gegeniibergestellt, und eine entwickelte Mythologie, die von der gemein-indoeuropáischen hergeleitet sein muBte, rekonstruiren begannen (der Grundmythus, der ureigene Streit zwischen Perun und Wolos-Weles). Die Methodik wurde haupsáchlich von Levy-Strauss entlehnt, und sie erlaubte solch eine Freiheit des Ineinklang- bringen, daB die Ergebnisse sehr reich geworden wurden, doch verliessen die Beweisfahigkeit. Es gibt keine direkte Beweise des Streits Peruns mit Wolos, und Wolos (zum Unterschied von Weles) ist iiberhaupt ein neuer Gott, eine Umgestaltung des christlichen Heil. Blasius, bulg. Vlas).