Zerbrechliches Dresden - Александр Александрович Чечитов

Zerbrechliches Dresden

Die Geschichte von Bernhard und Selma, zwei Jungen Bewohnern der deutschen Stadt Dresden während des zweiten Weltkriegs. Sie wählten nicht die Zeit und das Land, in dem Sie geboren wurden, aber Sie mussten täglich entscheiden, wie man überlebt, um Ihre Liebe zu retten. Das cover des Buches wurde vom Autor vorbereitet. Übersetzung von Olga Ubushayeva.

Читать Zerbrechliches Dresden (Чечитов) полностью

Zwei Schüsse fielen nacheinander. Weißer Rauch stieg von den glühenden Läufen auf, den herben Duft von Schießpulver zwischen den Wänden des engen Raumes verbreitend. Die zähe, schwere Luft war durchtränkt von dem scharfen Schweißgeruch.

Dünne, gar dürre Finger der jungen Selma berührten zärtlich die goldenen Locken des neugeborenen Azzo. Sein engelsgleiches Gesicht erinnerte die junge Frau stets an Bernhard, den Ehemann, von dem sie seit fast einem Jahr keinerlei Nachrichten erhielt.

Der große blonde Bernhard studierte seinerzeit zusammen mit ihr an der Fakultät für Deutsche Geschichte. In der Anfangszeit traute er sich nicht in die Nähe von Selma, was er später sehr bereute. Erst, als der Staat zur Offensive in Richtung Osten blies, lernte Bernhard endlich Selma kennen. Denn er verstand gut, dass es nicht lange dauern würde, dass auch er an die Front einberufen werden würde.

Selma gefiel der große und unbeholfene Bernhard, welcher in seiner Größe kaum dem Schrank in ihrem Schlafzimmer nachstand. Sie lachte aufrichtig über die lustigen Geschichten, die er ihr erzählte.

Deutschland drang erfolgreich vor und es schien, dass nichts und niemand diese unerbittliche, unbezwingbare Maschine von einem Staat aufhalten konnte, welche von Hitler auf die Beine gestellt worden war. Zu viele Teutonen glaubten an die heilige Mission der Nation. Groß und Klein wollte die Geburt eines neuen Imperiums von Ariern sehen. Ungeachtet aller Schwierigkeiten widmeten sie sich mit der charakteristischen Ordnungsliebe der Arbeit mit dem Ziel, den Sieg zu erlangen. Frauen brachten Kindern die wichtigen Ideen bei, welche ganze Völker bewegten und Länder hinwegfegten.

In einer solchen Atmosphäre des gemeinschaftlichen Strebens nach einer besseren Zukunft entstand die Familie Schulz. Bernhard wurde dem Inneren Dienst zugeteilt, stationiert zehn Kilometer von dem Haus entfernt, in das er und Selma eingezogen sind.

Täglich sammelten grüne Militärlaster Bernhard und rund ein Hundert weitere junge Männer vor den Eingangstoren einer Maschinenfabrik ein. Selma arbeitete in einem Krankenhaus, worüber Bernhard sich nicht sonderlich freuen konnte, da er eifersüchtig auf die ihm unbekannten Patienten war. Doch daran war nichts zu machen. In einer Situation, da alle Bürger des Landes einmütig handelten, gar im Einklang zu atmen schienen, dem militärischen Trommeln gleichend, kann nicht nur an die eigenen Vorteile gedacht werden. Und so überwand Bernhard seine Gefühle.

Der einzige Umstand, welcher den jungen Bernhard bekümmerte, war das Fehlen eines Kindes. Selma, wie auch er, wollte ein Kind bekommen, allerdings wollte sich die Schwangerschaft keineswegs einstellen. Wilbert Köhler, der hiesige Gynäkologe, konnte auf die Frage nach der Ursache nur ratlos mit den Schultern zucken und empfahl, Geduld zu haben.